Sehr geehrter Herr Lanz,

ich sehe mir häufig Ihre Sendung im ZDF an. Mir ist klar, dass in den Runden immer nur Personen sitzen, die über ein Einkommen von mehr als 10.000 Euro pro Monat verfügen, und dass diese Personen eine andere Sicht auf die Realität haben. Wir alle leben in unserer Blase, ich, Ihre Gäste und Sie auch, denke ich. Allerdings versuche ich, mich auch in die Lage anderer zu versetzen, um sie zu verstehen.

Zu meiner Vita: Ich bin Diplomingenieur, Diplomkaufmann und Diplomtropologe. Im Wesentlichen habe ich vor ca. 50 Jahren in Köln studiert. Nach einigen Jahren in abhängiger Beschäftigung war ich jahrzehntelang selbstständig, bin inzwischen im Ruhestand und berate sehr kleine Unternehmen. Ich möchte mich hier nicht präsentieren, sondern darlegen, dass das, was ich denke, nicht unausgegoren ist.

Jetzt zum Thema Rente.

Fakten:

Unter Kanzler Adenauer wurde die gesetzliche Rente eingeführt. Es war wohl um das Jahr 1955. Zunächst gab es Überschüsse in der Rentenkasse, die dann aber in der Folgezeit von der Politik verwendet wurden, beispielsweise für den Aufbau der Bundeswehr. Bis heute bedienen sich Politiker aller Couleur an der Rentenversicherung. Eine Berechnung ergibt, dass sich dieser Betrag auf 1.700 Milliarden Euro beläuft. Dabei sind die Zinsen für die entnommenen Beiträge berücksichtigt.

Die Aufgabe einer Versicherung ist es normalerweise, Risiken der Beitragszahler abzudecken. Viele Beitragszahler zahlen in die Versicherung ein, um große Schäden einzelner Beitragszahler wirtschaftlich abzudecken. Bei einer Risikoversicherung bedeutet das, dass derjenige, der einen Schaden hat, hier entschädigt wird. So sollte es auch bei der Rentenversicherung sein. Die Einzahler sollten, wenn sie das Rentenalter erreichen, Geld aus der Rentenversicherung erhalten.

Allerdings ist es durch den Zugriff der Politiker anders. Heute sind 40 % der Zahlungen der Rentenversicherung versicherungsfremde Leistungen. Das bedeutet, dass 40 % der Auszahlungen der Rentenversicherung an Personen gehen, die nie in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Die Auszahlungen der Rentenversicherung belaufen sich im Jahr 2024 auf ca. 400 Mrd. Euro. 160 Mrd. Euro davon werden somit vom Beitragszahler bezahlt. Dieses Geld sieht er nie wieder.

Die Bundeszuschüsse liegen bei ca. 100 Mrd. Euro. Diese decken die versicherungsfremden Leistungen jedoch nicht ab. Weitere 60 Mrd. Euro werden immer noch vom Beitragszahler finanziert. Wenn der Staat bzw. die Politiker der Meinung sind, dass die versicherungsfremden Leistungen gezahlt werden sollten, dann sind 160 Mrd. Euro pro Jahr aus den Steuereinnahmen aller Steuerzahler des Staates zu zahlen – auch von den Selbstständigen, Beamten und Politikern.

Zu den versicherungsfremden Leistungen zählen unter anderem die Renten der DDR-Bürger, die Renten für Russlanddeutsche, die Mütterrente, die Witwen- und Waisenrente etc. Das mögen staatliche Aufgaben sein, aber in keinem Fall Aufgaben der Beitragszahler der Rentenversicherung. Würde der Staat die Entnahmen aus der Rentenversicherung zurückzahlen und die versicherungsfremden Leistungen nicht der Rentenversicherung anlasten, hätte die Rentenversicherung kein Problem und könnte höhere Renten zahlen.

Zur Rentenhöhe: Es kursiert die Geschichte, dass die Durchschnittsrente in der BRD bei ca. 1.500 Euro liegt. Das trifft nicht zu. Dies würde nur für einen Rentenempfänger zutreffen, der 45 Jahre gearbeitet hat und ein durchschnittliches Einkommen hatte. Solche Biografien gibt es aber kaum und sie nehmen ab. Die Durchschnittsrente in Deutschland beträgt ca. 900 Euro pro Monat. Das ist leider die Realität.

Die durchschnittlichen Pensionen der Beamten betragen hingegen ca. 3.300 Euro pro Monat. Beamte haben nie in eine Rentenversicherung eingezahlt. Das, was sie als Vergütung bekommen haben, wurde von Menschen erarbeitet, die in der Wirtschaft gearbeitet haben. Leider vermisse ich diese klaren Aussagen in der Diskussion, wenn bei Ihnen über die Rente diskutiert wird.

Gerne bin ich bereit, Ihnen das in einer Diskussion darzustellen. Ich wundere mich, dass die Menschen, die diesen Staat aufgebaut haben und am Laufen halten, nicht schon längst auf den Barrikaden sind.

Denken Sie doch einfach einmal darüber nach. Eine Stellungnahme Ihrerseits würde mich interessieren.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Longerich