Georgien als Folge des Ukraine-Krieges neuer Hotspot für kriminelles „Baby-Business“ – Kirchliches Ethikinstitut IMABE pocht auf internationales Verbot der an „Menschenhandel“ erinnernde Praxis zum Schutz der Frauen und Kinder

Die Anbieter der in den meisten Ländern verbotenen Praxis der Leihmutterschaft haben wegen des Krieges in der Ukraine ihre Strategie verändert und dringen in neue Märkte wie etwa Georgien. Die Nachfrage sei weiter enorm, der internationale Markt „immer aggressiver“, schlug die Direktorin des Wiener Bioethikinstituts IMABE, Susanne Kummer, am Mittwoch gegenüber Kathpress Alarm. Bei Leihmutterschaft handle es sich eindeutig um eine ausbeuterische Methode, die an „Menschenhandel aus dunkelsten Zeiten“ erinnere, so die Ethikerin, die zugleich ihre Forderung eines internationalen Verbotes dieser Technik bekräftigte.

Die Ukraine war bis zum Kriegsausbruch der weltweit zweitgrößte Markt für Mietmutterschaft nach den USA, mit 2.500 Kinder, die jährlich von ukrainischen Leihmüttern ausgetragen wurden und zu 90 Prozent von ausländischen Paaren bestellt waren. Die Nachfrage nach Leihmutterschaftsdiensten in der Ukraine sei zwar „größer als je zuvor“, könne aber nicht gedeckt werden, da viele Leihmütter ins Ausland geflohen sind, erklärte kürzlich der Klinikdirektor des landesweit größten Anbieters BioTexCom mit Sitz in Kiew, Ihor Pechenoha. Die Agentur gehe deshalb dazu über, Frauen aus ehemaligen Sowjetrepubliken als Leihmütter anzuheuern – auch hier für Kunden aus Ländern, in denen die Praxis verboten ist.

Teils schwenkte das Geschäft der Vermittlungsagenturen seit dem Vorjahr auf Mexiko und andere Länder Lateinamerikas um, besonders jedoch auf Georgien – als Billigst-Angebot-Land und infolge kaum existierender Schutzgesetze für Leihmutter, heißt es seitens IMABE. Auch indische Agenturen hätten das bitterarme, von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Land als „neues Eldorado“ entdeckt, nachdem Indien im Vorjahr kommerzielle Leihmutterschaft verboten und dem dortigen milliardenschweren Markt ein jähes Ende bereitet habe. Anbieter würden damit werben, dass Leihmütter in Georgien keine Rechte am Kind haben und in der Geburtsurkunde unerwähnt bleiben.

Rekrutierung im Rechtsvakuum

Wie skrupellos in Georgien vorgegangen wird, verdeutlichte das von der katholischen Kirche getragene Wiener Institut durch jüngste Berichte investigativer Journalisten. Leihmutterschafts-Agenturen suchten dort gezielt in Frauenhäusern nach Frauen, die dort nach erfolgter Misshandlung und Flucht von ihren Ex-Männern finanziell unabhängig werden wollen. Die Direktorin eines Frauenhauses in Tiflis habe von zehn Fällen berichtet, bei denen Klientinnen ihrer Einrichtung ihre Gebärmutter vermietet hätten. Doch auch in der Ukraine hätten Agenturen Bestelleltern noch bis kürzlich informiert, sie müssten nur gesunde Babys mitnehmen, während diese bei Behinderung legal und auf Regierungskosten in einem Waisenhaus zurückgelassen werden könnten. Auch eine Auswahl des Geschlechts sei möglich.

Die ausbeuterischen Entwicklungen müssten dringend auf weltweiter Ebene gestoppt werden, um die Rechte von Frauen und Kindern zu schützen, forderte IMABE-Direktorin Kummer. Andernfalls werde von den Agenturen auch weiterhin das rechtliche Vakuum in vielen Ländern genutzt, um von dort Leihmütter zu rekrutieren, damit diese für Kunden in Ländern mit einem Verbot der Praxis Kinder austragen. Es sei zudem verharmlosend, von „Leihmüttern“ zu reden: In Wahrheit würden Frauen rein zum Zweck des Gebärens angemietet, dann aber aus der Biografie des so entstandenen Kindes gelöscht. „Alles, was daran erinnert, dass sie biologisch die Mutter des Kindes ist, muss ausradiert und unsichtbar gemacht werden“, so Kummer.

Verbots-Forderungen immer lauter

Rückhalt bekommt der Kampf gegen reproduktive Ausbeutung aus dem Feminismus, sowie von 100 Wissenschaftlerinnen und Experten aus 75 Ländern aller Kontinente, die am 3. März in der „Casablanca Declaration“ die Staaten dazu aufforderten, Leihmutterschaft weltweit abzuschaffen. Auch ein Vorschlag für ein entsprechendes internationales Übereinkommen wurde dabei präsentiert. Eckpunkte sind die Bestrafung von vermittelnden Einzelpersonen und Unternehmen sowie rechtliche Verfolgung von Personen, die national oder auch international eine Leihmutter beauftragen. Jegliche Verträge, die das Austragen eines Kindes zum Inhalt haben, sollten ebenso unwirksam werden, zudem sei ein rechtliches Instrument zur Durchsetzung eines globalen Verbotes zu schaffen.

Federführend an dieser Erklärung beteiligt war die feministische Dachorganisation CIAMS (Internationale Koalition für die Abschaffung der Leihmutterschaft). Deren „Internationale Charta zur Abschaffung der Leihmutterschaft“ wird von 300 NGOs und Menschenrechtsorganisationen weltweit – darunter aus Österreich die Plattform www.stopptleihmutterschaft.at – sowie von 3.000 Einzelpersonen aus 65 Ländern unterstützt.

Im österreichischen Nationalrat war Leihmutterschaft zuletzt am 24. Februar Thema. Fünf FPÖ-Abgeordnete forderten die Regierung dazu auf, sich auf EU-Ebene für ein generelles Verbot auszusprechen. Der Entschließungsantrag wurde dem Ausschuss für Familie und Jugend zugewiesen und wird nun dort behandelt. Der Antrag verweist auf offene Briefe, in denen die vier größten katholischen Laienorganisationen gemeinsam mit der „Aktion Leben“ sowie auch Familienbischof Herrmann Glettler Sorge über EU-Bestrebungen zur Einführung eines europäischen „Elternschaftszertifikats“ äußern, welches nationale Verbote von Leihmutterschaft unterwandern könnte.

Christian Kast

Vorsitzender